Wasserraubbau

Wasserraubbau

Grundwasserraubbau
Wo größere Grundwassermengen gefördert werden, entstehen Absenkungstrichter. Diese breiten sich im Basalt, im Unterschied zu den relativ kreisförmigen Absenkungen in homogenem Untergrund, entlang der Klüfte linienhaft aus. Je größer die Fördermengen sind, und je geringer die Grundwasserneubildung ausfällt, desto weiter reichen die Absenkungen.
Besonders in Talauen und ihren Randbereichen ist davon, selbst bei Brunnentiefen > 100 m, oftmals auch das oberflächennahe Grundwasser betroffen, das für Flora, Fauna und die Gewässer überlebensnotwendig ist. Für Pflanzen reichen mitunter schon dauerhafte Absenkungen zwischen 40 und 100 cm aus, um geschützte Arten zu gefährden. Entlang von Klüften in Hangbereichen und in Bachbetten oder durch hydraulische Fenster zwischen Stockwerken können auch ökologisch relevante Wasservorkommen in größeren Höhen betroffen sein.

Fördern Brunnen mehr Grundwasser, als sich in ihrem Zustrom durch Niederschläge nachbilden kann, ist das Raubbau. Dann sinken in der Umgebung die Grundwasserspiegel immer weiter ab. Im Zuge des Klimawandels, durch den seit 2004 die Nassjahre ausgeblieben sind, ist mit einer erneuten, starken Zunahme dieses Risikos auch bei reduzierten Fördermengen zu rechnen.

B. Mönter: Mittendrin – ohne Wasser läuft nichts

 

Folgen des Grundwasserraubbaus
In etlichen überörtlichen Gewinnungsgebieten des Vogelsbergs war ein solcher Grundwasserraubbau mit mitunter dramatischen Spiegelabsenkungen um 20 bis 40 m bis weit in die 90iger Jahre keine Seltenheit. Besonders in den Trockenperioden der 70iger und 1991/92 entstanden durch den Raubbau teilweise irreparable Schäden im wasserabhängigen Naturraum. Immer öfter verschwanden Quellbereiche und fielen Flussabschnitte in Nidda, Horloff und Bracht samt etlichen Nebengewässern trocken, während viele Feuchtgebiete ihren Grundwasseranschluss und ihre wasserabhängigen Pflanzen und Tiere verloren. Langfristig gravierende Schäden entstanden einschließlich von Gebäuderissen vor allem durch massive und irreversible Bodensetzungen von bis zu 4-5 Metern besonders in vormals wertvollen Moor- und Auenbereichen (Inheiden, Nidda-Kohden u.a.m.).

Raubbaurisiko im Klimawandel durch Ignoranz
Das Raubbaurisiko der Wassergewinnung war und ist nach wie vor hoch, sobald Grundwasserdefizite zwischen Förderung und Neubildung entstehen. Und es wächst gegenwärtig gewaltig an, da diesbezügliche Prognosen im Klimawandel immer unsicherer werden. Die seit 2018 erstmals aufgetretenen Serien von unerwartet extremen Trockenjahren und Winterdürren sind dafür unübersehbare Alarmzeichen.

Diese werden aber vielfach besonders von wenig sachkundigen Entscheidungsträgern, die meist in der Politik und in der Betriebswirtschaft zu finden sind, gerne übersehen oder ignoriert. Immer wenn es nach Trockenperioden mal wieder kräftig regnet, behaupten sie, das sei der Beweis dafür dass der Klimawandel nicht so schlimm sei und Investitionen in Anpassungsmaßnahmen unnötig wären Aus wissenschaftlicher Sicht haben solche verantwortungslosen Ansichten in der Wasserwirtschaft, in der jeweils für lange Zeiträume über strukturelle Maßnahmen entschieden werden muss, nichts zu suchen.

Vogelsberger Widerstand
Die Wassergewinnungsgesellschaften störten sich bis in die 90er Jahre wenig an den Biotop- und Bodenschäden, sondern orientierten sich an den technischen Maximalkapazitäten ihrer Brunnen. Für sie war entscheidend, möglichst viel Grundwasser zu günstigen Preisen und dennoch profitabel in das Ballungsgebiet liefern zu können. Diese Maxime gilt bei etlichen privatwirtschaftlich Organisierten noch heute, obwohl sie mittlerweile entlang behördlicher Vorgaben Schadensbegrenzung betreiben müssen.

Gegen den Raubbau am Grundwasser leisteten die Vogelsberger, allen voran die Müller und Bauern, schon in den 1880er und 1920er Jahren ersten Widerstand. Dieser verschärfte sich in den 1970ern und verhinderte letztendlich mit Hilfe von Bürgerinitiativen die damals geplante Gesamtfördermenge von 120 Mio. m³/Jahr, Dennoch wurden noch im Jahr 1985 mehr als 64 Mio. Kubikmeter Grundwasser exportiert. Diese weiterhin unhaltbare Ausbeutung der Grundwasservorkommen führte 1989 zur Gründung der Schutzgemeinschaft Vogelsberg e.V. Die Fördermenge für das Fernwasser sank bis heute auf insgesamt 40 bis 42 Mio. Kubikmeter pro Jahr, u.a. auch weil die Fernwassergewinnung auf andere Gebiete wie die Burgwaldregion ausgedehnt wurde. 

Mehr dazu findet sich in den wissenschaftlichen SGV-Veröffentlichungen (s. Publikationen – Shop).